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Tagebuch vom Februar 2007

So. 25.02.
Juli kämpft sehr mit einer hartnäckigen Bronchitis und heftigem Husten. Es strengt sie sehr an, das ganze Sekret loszuwerden. So sind die Nächte zur Zeit wieder sehr kurz bzw. nicht existent.

Juliane muss mehrmals täglich inhalieren und bekommt weiterhin Kortison und andere Bronchien erweiternde Mittel.

Sa. 17.02.2007
Heute haben wir Julianes erstes Geburtstagsfest gefeiert. Um sie nicht zu sehr zu stressen nur in kleinem Rahmen. Die große Fete werden wir dann im Sommer noch nachreichen!

In den Tagen rund um en Geburtstag kommen sehr oft die Bilder und Emotionen von vor einem Jahr in den Sinn. „Vor einem Jahr um diese Zeit war dies oder das ... wenn wir damals gewusst hätten ... wir konnten ja nicht ahnen ... “

Was wäre gewesen, wenn wir es „geahnt“ hätten? Was wäre gewesen, wenn wir gewusst hätten, was auf unser Kind – und somit auf uns alle noch alles zukommt? Hätten wir etwas anders machen können oder wollen. Sicherlich nicht.

Der Blick in die Zukunft ist ja seit Menschengedenken eine vieldiskutierte Wunschvorstellung mit Chancen und Gefahren. Es ist gut, dass wir „Normalsterblichen“ nicht das sehen können, was uns erwartet. Ich glaube, wir würden sehr schnell an unserer eigenen Zukunft kaputt gehen, ohne sie jemals erlebt zu haben.

Wenn wir vor einem Jahr gewusst hätten, welche Herausforderungen sich uns stellen hätte es durchaus sein können, dass wir daran verzweifelt wären.

Doch Gott sei dank, ist uns dieser Blick nicht möglich.

Allerdings haben wir doch eine Zukunftsvision erlebt. Es war das Versprechen Gottes, das uns von Anfang an Kraft gegeben hat. Die Zusage uns nicht alleine zu lassen sondern, was auch passiert, dabei zu sein.

Dieser Blick in die Zukunft wurde und wird uns von so vielen Menschen vorgelebt. Wir haben aus den verschiedensten Regionen der Erde, von Menschen, die wir nie gesehen haben, von Jungen und Alten die Zusage bekommen: „Egal was passiert, wir sind für euch da und beten für euch!“

Diese Zukunftsvision hat uns in diesen schweren Monaten die Kraft gegeben nicht aufzugeben sondern auf die Kompetenz der Ärzte der Uni in Gießen und auf die Kompetenz unseres Gottes zu vertrauen.

Auch heute wissen wir nicht, wie es mit unserer Juli weitergehen wird. Es bleiben ein paar „Baustellen“, Fragen und Risiken. Angefangen von der Frage, ob die rekonstruierte Aorta und das gesamte Gefäßsystem ausreichend mitwächst, ob ihre Lunge richtig abheilt, wie und in welchem Maße sich Julis Gendefekt auswirkt, ...

Was wir heute sehen, ist ein fröhliches Kind, das seine helle Freude am Leben hat. Ein Kind, das begierig darauf ist, seine Umgebung zu erkunden und viele Erfahrungen zu sammeln. Von den Erfahrungen, die wir rund um Juliane gemacht haben, werden wir ihr, wenn die Zeit gekommen ist, berichten.

Wieder ist uns der Blick in die Zukunft nicht möglich – und das ist gut so. Denn nur so können wir uns ganz der Zusage Gottes hingeben, dass er auch in den kommenden Jahren für unsere Juli und für uns alle da sein wird. Nur so können wir alle gemeinsam erleben, was es bedeutet im Glauben für einander da zu sein, für einander zu sorgen und zu beten.

Das möchten wir nicht mehr missen.

An Julis Geburtstag haben uns viele liebe Grüße und Geschenke erreicht. Herzlichen Dank dafür. Leider habe wir es noch nicht geschafft, jedem persönlich zu danken. Das werden wir aber noch nachholen.

Sa. 10.02.
In den ersten zehn Februartagen konnte Juliane sich weiterhin gut erholen und stabilisieren. Sie wird immer fröhlicher und auch ihre Stimme kommt langsam in der gewohnten Kraft zurück.

Lediglich die Nächte sind noch sehr unruhig. Juliane verarbeitet das Erlebte sehr stark in ihren Träumen, weswegen sie sich sehr oft stöhnend von einer auf die andere Seite in ihrem Bettchen wälzt. Weiterhin hat sie nach wie vor mit Blähungen zu tun, die ihr doch sichtlich Schmerzen bereiten.

An der Medikation hat sich nichts verändert. Den Betablocker und das Lasix nimmt sie weiterhin, genauso wie das Kortison und andere bronchienerweiternde Medikamente per Inhalation.

Die doch recht große OP-Narbe ist reizlos und soweit gut verheilt. Es ist klasse, dass die ganze Aktion total ohne Entzündungen oder Komplikationen jeglicher Art abgelaufen ist. Je öfter und intensiver man darüber nachdenkt, desto größer wird das Wunder, das dahinter steckt.

Heute vor einem Jahr kündigte sich die baldige Geburt unserer Juli durch einen oberen Blasensprung an. Hilli wurde daraufhin direkt morgens früh aus dem St. Josephs Krankenhaus in Gießen in die Uni verlegt. Ich war zu dieser Zeit mit meinem Chor auf dem Weg zu einer Musicalaufführung in Lörrach. Weit weg von der Möglichkeit eingreifen und helfen zu können. Hilflos und fast gelähmt und doch dazu verpflichtet davon zu singen und zu spielen, wie Gott in das Leben von Menschen eingreift, handelt und über Berge führt.

An diesem Tag ging die enorme Gebetsbewegung rund um unsere Juliane los. Nach der Aufführung kamen so viele, wildfremde Menschen auf mich zu, um mir zu versichern, dass sie in Gedanken und im Gebet für uns einstehen und bei uns sind.

Hier konnten wir zum ersten mal erleben, dass das Leben unseres Kindes von Vielen von Gott erbeten wird. Ein ungeahnt tröstendes Gefühl.

Wir konnten uns damals noch nicht im Geringsten ausmalen, wie das kommende Jahr verlaufen würde. Wir wussten nur, dass wir Angst um unser Kind haben.

Heute, eine Woche vor Julianes erstem Geburtstagsfest, sind wir begeistert und voller Ehrfurcht vor dem, was die vergangenen 12 Monate an Erfahrungen, Tiefen und Höhen gebracht haben. 12 Monate, die nicht spurlos an uns vorüber gegangen sind. 12 Monate, die nicht nur für uns, sondern für viele zum Segen und zur Kraftquelle geworden sind.

Wir sind sehr gespannt darauf, wie Gottes Plan mit unserer Juliane weiter aussieht.

Wir halten Euch auf dem Laufenden!

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